Welche Kompetenzen brauchst Du in Zukunft im Business?

Hallo und Servus aus München!

Welche Kompetenzen benötigen wir in Zukunft? Zur Beantwortung dieser Frage käme eine funktionstüchtige Glaskugel jetzt gerade recht …

Wir nehmen stattdessen die Studien von Trend- und Zukunftsforschern und prüfen Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Claudia Grummenerl von Cap Gemini lieferte mir in ihrem Vortrag auf dem Change Kongress im November 2018 in Berlin zunächst einmal eine treffende Definition für das, was wir suchen: Eine Zukunftskompetenz macht Dich am Markt attraktiver und erlaubt Dir, Deine Aufgaben effizienter zu gestalten.

In der Studie Upskilling Your People for the Age of the Machine identifizieren sie und ihre Kollegen, wie sogenannte „Transition Master“ eines der Hauptziele von Digitalisierung, nämlich die Erhöhung von Produktivität tatsächlich erreichen: Als einen von 4 wesentlichen Erfolgsfaktoren benennt das Team von Cap Gemini deren Fokussierung auf Zukunftskompetenzen. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen gelingt einem Transition Master damit der Spagat zwischen Automatisierung und Veränderung der Mitarbeiterschaft.

Auf die sich an ihren Vortrag anschließende Frage, welches denn aus ihrer Sicht die 3 wichtigsten Zukunftskompetenzen wären, antwortete Claudia Grummenerl:

  • Empathie
  • Die Fähigkeit zu lernen
  • Die Fähigkeit zur Selbstreflexion

Nach ihrer anfangs recht differenzierten Definition (s.o.) war ich zunächst überrascht, anschließend ausgerechnet diese drei Kompetenzen zu hören. Mein nächster Gedanke war: Klingt gut! Vor allem, weil da ein Begriff auftaucht, der Teil dessen ist, was wir Emotionale Intelligenz nennen. Das freut mich als Inhaberin einer Firma, die sich mit Emotionaler Intelligenz beschäftigt, natürlich besonders.

Trotzdem habe ich mich gefragt: Ist das so? Wenn man an anderer Stelle nach Zukunftskompetenzen googelt, dann begegnen einem durchaus mehr, aber dann tatsächlich doch wieder ähnliche Fähigkeiten: z.B. in der HR-Future-Trend 2016  von Melanie Vogel, der Urheberin des Wortes Futability© oder in der Analyse der 5 für Unternehmen relevantesten Megatrends in den 2020ern von Harry Gatterer, dem Geschäftsführer des Zukunftsinstituts.

Ich denke, dass die 3 oben genannten Kompetenzen tatsächlich die Basis für vieles bilden, was die Zukunft uns abverlangt. Nach meinen Recherchen würde ich sie als Meta-Kompetenzen der Zukunft bezeichnen, die wir unabhängig von Branche und Arbeitsfeld in Zukunft benötigen. Damit und darauf aufbauend lassen sich branchen- und arbeitsfeld-spezifische Zukunftskompetenzen identifizieren, was Transition Mastern in Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitern offenbar bestens gelingt.

Das klingt also nicht nur gut, sondern da ist schon was dran! Daher möchte ich an dieser Stelle gerne zusätzlich den einen oder anderen Tipp zur Entwicklung eben dieser Kompetenzen geben.

Empathie

Wenn ich Claudia Grummenerls Definition von „Zukunftskompetenz“ hernehme, dann ist es für die Identifikation meiner individuellen Zukunftskompetenz-Felder tatsächlich höchst relevant, dass ich mitbekomme, was andere bewegt: z.B. meine Kunden, meine Mitbewerber, meine Kollegen, neue Mitarbeiter oder auch Trendforscher. Außer von Letzteren kriege ich allerdings normalerweise von keiner dieser Anspruchsgruppen eine Studie vorgelegt. Stattdessen muss ich in der Lage sein, mich in deren Leben, Alltag, Herausforderungen und Herangehensweisen hinein zu fühlen. Genau das nennt man Empathie. Sinnigerweise benötige ich ebendiese Fähigkeit z.B. auch im Design Thinking Prozess. Oder auch beim Bilden von Netzwerken.

Wie kann ich sie entwickeln?

Empathie als Fähigkeit zu erkennen wie es anderen geht, ist größtenteils angeboren und man kann sie beeinflussen. Dies tun in frühester Kindheit zunächst meine Eltern, die mich wahr- und ernstnehmen oder mich mit Liebesentzug oder sogar Gewalt bestrafen. Beide Vorbilder wirken. Aber auch wenn Dir kein Übermaß an Mitgefühl in die Wiege gelegt wurde oder Du es in Deiner Kindheit nicht ausreichend entwickeln konntest, kannst Du Dein Mitgefühl trainieren.

Mein erster Trainings-Appell lautet: Werde achtsam! Eigentlich ganz einfach: Augen auf! Ohren auf! Mund zu! Und da ja bekanntermaßen nichts selbstverständlich ist: Handy weg! Lerne aufrichtig, fokussiert und uneingeschränkt zuzuhören. Wir sind es normalerweise gewohnt, sobald ein anderer den Mund aufmacht, sofort nebenher darüber nachzudenken, was wir gleich Kluges entgegnen können. Eine machtvolle Frage, die Dir hilft, Dich ganz auf den anderen zu fokussieren, und die Du Dir in jeglichem Dialog stellen kannst, lautet: „Was ist meinem Gegenüber wichtig, wenn er sowas sagt?“

Wie genau Du das üben kannst und wie genau Du Deine Erkenntnis dann in Deiner Kommunikation so verwenden kannst, dass Dein Gegenüber Deine Empathie auch spürt, erfährst Du z.B. in unserem Onlinekurs EQ-Starter.

Eine etwas abgefahrenere, weniger fokussierte, dafür aber umso stärker Deine Komfort-Zone erweiternde Trainings-Möglichkeit, Deine Empathie zu entwickeln, ist der Besuch eines Impro-Theater-Workshops. Impro-Theater funktioniert nur, wenn Du die Angebote Deiner Mitspieler wahrnimmst und Dich vorurteilslos auf die anderen einlässt.

Die Fähigkeit zu lernen

Laut dem letzten Bericht des World Economic Forums werden nur 58 % der Fähigkeiten, die heute noch für einen Job gebraucht werden, bis 2022 die gleichen sein. Der Bedarf an Lernen wächst also mit jedem Tag, der vergeht. Es gibt kaum ein Arbeitsfeld, das nicht durch Automatisierung und technologischen Fortschritt verändert wird. Die Anzahl der auf den Lernenden zugeschnittenen Konzepte wächst entsprechend, doch diese Konzepte erfordern einen hohen Anteil an Eigeninitiative. Die meist umfangreichen Online-Angebote verlangen eine signifikante Zeitinvestition außerhalb der Arbeitszeiten.

Die von LinkedIn durchgeführte Studie Workplace Learning Report 2018 zeigt, dass die größte Herausforderung für Unternehmen darin liegt, ihren Mitarbeitern zu zeigen, welche Fähigkeiten sie entwickeln müssen. Dazu müssen sie diesen deutlich mehr als die dafür aktuell durchschnittlich zur Verfügung stehenden 24 Minuten pro Woche Zeit verschaffen.

Daneben kommt nach wie vor schon in der schulischen Bildung das Lernen des Lernens zu kurz – wenn, dann sind es einzelne Lehrer oder besondere Schulformen, die ihren Schülern diese Meta-Kompetenz beibringen, in den staatlichen und städtischen Schulen gibt es dafür nach wie vor kein einheitliches wirksames System.

Erst recht als Erwachsene scheitern wir immer wieder an der Wandlung von Einsicht, Verstehen oder Wissen in Fähigkeiten. Gute Lernprogramme sind so aufgebaut, dass sie den Lernenden über folgende Stufen zur nachhaltigen Umsetzung führen:

  1. Einsehen (Wozu?) und Verstehen (Wie?) eines neuen Musters (z.B. Anerkennen von Emotionen)
  2. Wahrnehmen der Muster bei anderen (Wie reagieren andere auf einen emotionalen Ausbruch?)
  3. Wahrnehmen des alten Musters bei sich selbst („Ist doch nicht so schlimm.“ Moment mal, was habe ich da eben gesagt? Das war eine emotionale Killerphrase.)
  4. Ändern des alten Musters („Dich nimmt das ganz schön mit, oder?“)

Nach dieser grundlegenden Didaktik sind übrigens auch all unsere Online-Kurse aufgebaut.

Diese Stufen kannst Du aber auch für Deine individuellen Lernfelder nutzen. Oder Du bist autodidaktisch erfahren und kennst „Dein“ System, das funktioniert. Dann gilt es vielleicht nur, dieses bewusst auf andere Kontexte zu übertragen.

Für die Entwicklung Deiner Fähigkeit zu lernen, ist eine Sache unerlässlich: Immer wieder etwas Neues zu lernen.

Professor Dr. Roth antwortete einmal auf Markus‘ Frage, wie man denn die Leistungsfähigkeit seines Gehirns bis ins hohe Alter erhalten könnte: „Lernen Sie alle zwei Jahre eine neue Sprache, ein neues Instrument oder eine neue Sportart.“

Sicherlich dürfen es auch andere Dinge sein. Also: Wie viel regelmäßige Weiterbildung gönnst Du Dir seit der Schule, dem Studium oder der Ausbildung?

Selbstreflexion

Neben dem Erlernen von fachlichen und methodischen Kompetenzen ist tatsächlich die persönliche Entwicklung im Sinne der Selbstreflexion, der Veränderung eigener Haltungen und dem Bewusstsein der eigenen Werte von wachsender Bedeutung. Denn die digitalisierte Welt erfordert einen kulturellen Wandel hin zu mehr Agilität, Selbstorganisation und wertebasierten, schnellen Entscheidungen.

Im Zeitalter der fluiden Organisation befinden wir uns in einem dauerhaft transformationalen Prozess. Dieser erfordert ein Mindset, welches die Entwickelbarkeit der eigenen Person mitdenkt. Ein Selbstbild „Ich darf so bleiben, wie ich bin!“ in ein „Ich entwickle mich täglich weiter!“ zu transformieren, erfordert eine tiefe und nachhaltige Auseinandersetzung mit sich selbst.

Experimente bringen da mehr als Projekte: „Don’t plan it, just do it!“ Handeln allein genügt allerdings nicht, wenn es nicht reflektiert wird. Der Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ mit Bill Murray und Andy McDowell zeigt humorvoll, was Reflexion 1. und 2. Ordnung bedeutet: Lernen selbst muss beobachtet werden. Die Frage ist häufig nicht, welche Seminare Du noch besuchen musst, sondern welche Erfahrungen Du machen musst. Ermuntere auch Deine Führungskräfte und Mitarbeiter, Neues auszuprobieren und Projekte, Prozesse, Wandel und Beziehungen systematisch zu reflektieren. Nur so verändern sich Haltungen, nur so können bewusst gewählte Werte wirken.

Wie kannst Du Selbstreflexion für Dich ganz allein üben? Wärmstens kann ich Dir dafür das 6-Minuten-Tagebuch von Dominik Spenst empfehlen, ein höchst komprimierter, zur praktischen Umsetzung bestens durchdachter Mindset-Changer.

Zu guter Letzt

Ich denke, wenn Du nicht gerade bei einem Transition Master arbeitest, der gemeinsam mit Dir spezifische Zukunfts-Kompetenzen für Dein Arbeitsfeld identifiziert und darauf zugeschnittene Lern-Programme entwickelt, bist Du bestens beraten, Dich selbständig mindestens in der Entwicklung dieser Meta-Kompetenzen zu üben.

In diesem Sinne wünsche ich Dir viel Spaß beim Training und eine erfolgreiche Zukunft!

Herzliche Grüße aus dem emotional intelligenten Hauptquartier,

Deine Sabine

Wie passen Digitalisierung und Emotionale Intelligenz zusammen?

Hallo liebes EQ Netzwerk!

Wenn ein Thema in den letzten Monaten die Tagesordnungen unserer Kunden beherrscht wie kein zweites, dann ist es die Digitalisierung.

Und obwohl man annehmen könnte, dass diese Entwicklung unserer eigenen Passion, nämlich den Menschen den intelligenten Umgang mit Emotionen nahezubringen, entgegen läuft, passiert genau das Gegenteil:

Wir werden AUFGRUND der Digitalisierung zunehmend an- und nachgefragt.

Warum das so ist, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf emotionale Herausforderungen für Führungskräfte, Mitarbeiter und Eltern hat und wie diese beiden scheinbar widerstrebenden Themen unter einen Hut zu bringen sind, erkläre ich Euch im folgenden Video:

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Die fünf Thesen für Jobs in der Zukunft findet Ihr HIER und den Artikel über die Vorteile weiblicher Stärken in der Digitalisierung HIER.

Klickt HIER und Ihr kommt direkt in unseren Online-Shop zum EQ Starter, unserem digitalen Einstieg in die Welt der Emotionalen Intelligenz.

Herzliche Grüße aus dem emotional intelligenten Hauptquartier,

Eure Sabine Grüner

Erfolglos scheitern dank Innovationsmythen

Hallo liebes EQ Netzwerk!

Wie bitte?

Hat sich Sabine Grüner jetzt schon in der Überschrift verschrieben?

Habe ich natürlich nicht … aber seit ich Innovationsprozesse begleite, erlebe ich erstaunliche, ver-rückte Bilder in den Köpfen mancher Innovationstreiber. Und einige dieser vermeintlichen Wahrheiten verhindern tatsächlich das „erfolgreiche“ Scheitern – also das nötige Scheitern im Innovationsprozess, welches zum Erfolg führt.

Und da mir manche dieser hinderlichen Glaubenssätze tatsächlich häufiger begegnen als andere, über die schon viel geschrieben wurde, bekommt Ihr hier und heute die Grüner´sche Liste der Innovationsmythen:

 

Mythos 1: Scheitern ist das Gegenteil von Erfolg.

Eine absolut lohnenswerte und die Innovation erst ermöglichende Gegenthese lautet:

„Fail soon and soft to succeed early.”

Auf Deutsch etwa: „Fall zeitnah und sanft auf die Schnauze, um früh erfolgreich zu sein!“

Dieser Satz ist mir inzwischen schon so oft begegnet, dass ich gar nicht mehr weiß, wer ihn zuerst gesagt hat. Sehr wahrscheinlich kommt er aus dem Silikon Valley. Egal.

Im Grunde ist es ganz einfach: Bei der Erfindung neuer Ideen geht es wie bei vielen allen anderen geschäftlichen Themen auch darum, möglichst wenig Zeit und Ressourcen zu vergeuden. Das schafft man, indem man sehr schnell den ersten Prototyp fertigt und sich dazu vom Nutzer, Anwender oder Kunden ungeschminktes Feedback holt. Die Idee ist nicht, dass es schnell fliegt, sondern dass es schnell scheitert! Das ist nix für die narzisstischen Anteile in uns. Vielleicht hilft diesen Persönlichkeitsanteilen, wenn sie zu laut werden, ein Zitat von Woody Allen (Amerikanischer Komiker, Filmregisseur, Autor, Schauspieler und Musiker):

„Wenn Du nicht hin und wieder scheiterst,
ist das ein Zeichen,
dass Du nichts Innovatives versuchst.“

Wer Innovation will, muss den Rahmen für ständige Tests und maximale Lernchancen kreieren. Wenn Du nicht scheitern willst, oder so unter Druck stehst, dass morgen eine neue Lösung her muss, dann ist Innovation vermutlich nicht das Richtige für Dich!

 

Mythos 2: Innovation ist Kreativität, das macht man nebenher, in der Freizeit.

Eigentlich sind das zwei Mythen in einem.

a) Innovation ist Kreativität: Ich habe bisher noch keinen Menschen kennengelernt, der von Kreativität allein berühmt, reich oder satt geworden wäre. Alle meine Pilotgruppen haben am eigenen Leib erfahren, dass den Phasen der Kreativität immer Phasen des Entscheidens, des Loslassens, des Überzeugens, des Zuhörens, des Verhandelns, des Anpassens und des Tuns gefolgt sind. Wenn von Innovationen berichtet wird, dann sind das Produkte, Strategien, Geschäftsmodelle, die sich durchgesetzt haben, aus denen etwas geworden ist. Das heißt mit anderen Worten: Da hat wer etwas umgesetzt und dafür gesorgt, dass relevante Abnehmer davon erfahren haben. Irgendwann auf dem Weg dahin war da wer auch mal kreativ – und das ganz bestimmt nicht am Anfang dieses Prozesses! Am Anfang dieses Prozesses hat dieser Jemand garantiert sehr genau beobachtet und auf besondere Weise zugehört – statt des üblichen Downloadings, welches unsere Bürokommunikation, unsere Meetings sonst gern kennzeichnet. Außerdem war derjenige im Moment des Geistesblitzes höchstwahrscheinlich noch nicht mal allein. Wieder nix für unsere narzisstischen Anteile …

b) Innovation macht man nebenher, in der Freizeit. Wie sagte schon der US-amerikanische Ingenieur und Erfinder Thomas Alva Edison:

„Genie ist 1% Inspiration und 99% Transpiration.“

Das bestätigen, wenn auch mit anderen Worten, sämtliche Teilnehmer, die ich im Rahmen von Innovationsprozessen dazu gehört habe – hierarchieunabhängig. Das ist echte, erschöpfende Arbeit! Andere Arbeit als sonst, aber selbstverständlich Arbeit! Diskussionen darüber, ob die Zeit in InnovationsLabs Arbeitszeit ist oder nicht, ersticken Innovation für Unternehmen im Keim – oder anders gesagt – sie sorgen für erfolgloses Scheitern (denkt an meine Überschrift!). Selbst wenn die Teilnehmer sich freiwillig dafür gemeldet haben – wem gehört denn bitte folgerichtigerweise die Innovation, wenn sie freiwillig und in unbezahlter Freizeit geschaffen wird??

Mythos 3: Das Ergebnis von Innovation sind viele ohne Aufwand sofort umsetzbare Ideen.

Ich habe es schon so oft erlebt, dass ich inzwischen damit rechne: Wann immer wir in welcher Konstellation auch immer an den Punkt kommen, aus der Vielzahl der gesammelten Ideen eine Einzige auswählen zu müssen, wird es schmerzhaft. Es ist für Innovations-Neulinge überhaupt nicht selbstverständlich und eine eigene Lern-Session wert, das Loslassen und Fokussieren als gleichwertigen Akt neben dem Öffnen und Sammeln zu (er)leben. Immer höre ich den Wunsch, die vielen anderen tollen Ideen wenigstens zu dokumentieren, damit sie nicht verloren gehen. Neben diesem inneren Wunsch spüren die Teilnehmer aber auch den Erwartungsdruck von außen, vom Rest des Unternehmens: Wenn die sich da immer wieder zurückziehen und Innovation machen, statt normal zu arbeiten, dann muss da jetzt aber auch eine ganze Menge rauskommen!

Innovationen entstehen durch radikale Fokussierung auf EINE Herausforderung und anschließend wieder auf EINE Lösung, die in einem iterativen Prozess angepasst wird. Innovationen sind Lösungen für Herausforderungen im Hier & Jetzt. Meine Erfahrung zeigt mir: Wenn es gelungen ist, EINE umzusetzen und zu vermarkten, dann werden die restlichen Ideen aus diesem Innovationsprozess bereits wieder Schnee von gestern sein – Dokumentation hin oder her.

„Innovation bedeutet, zu tausenden Möglichkeiten Nein zu sagen.
Deshalb bin ich mindestens so stolz auf die Dinge, die wir nicht getan haben,
wie auf die Dinge, die wir erreicht haben.“

 Steve Jobs, Mitbegründer von Apple

Ich verschärfe das Zitat von Steve Jobs gerne noch: Innovation passiert auch nicht, wenn in jedem Innovationszyklus nur eine Idee ausgewählt wird. Woher nehmen wir denn die Energie für die Umsetzung des Neuen und Implementierung im Alltag, wenn nicht vom Loslassen bisheriger, vielleicht auch liebgewordener Tätigkeiten? Welches Produkt, welche Dienstleistung bieten wir dann stattdessen nicht mehr an? Wer sind wir explizit nicht mehr? Which old system has to die? Es ist das bekannte Stück, das den Kleiderschrank verlassen muss, wenn ein neues hinzukommt. Da ist häufig auch ein Stück Trauerarbeit angesagt.

Mythos 4: Rahmen, Struktur und Führung verhindern Innovation.

Tja, wenn dem so wäre, dann würde ich keine Innovationsprozesse begleiten. Wer mich kennt, weiß, dass ich mich als Raumgestaltende und Führende im Prozess verstehe. Wer schon einmal an einem Design Thinking Prozess teilgenommen hat, weiß darüber hinaus, dass die Teilnehmer dort in einem ausgesprochen engen Korsett aus Prozess und Zeit arbeiten. Und dieses Korsett hilft der Innovation auf die Welt!

Außerdem: Wenn Menschen, die aus eingefahrenen Strukturen kommen und detaillierte Prozessbeschreibungen gewohnt sind, von heute auf morgen mit Führungslosigkeit und totalem Freiraum konfrontiert werden, dann sorgt das zu allererst einmal für Emotionen wie Angst, Hilflosigkeit und Frust. Und das ist definitiv kein guter Nährboden für Innovation.

Je nachdem, aus welcher Kultur Menschen kommen, sind Rahmen, Struktur und Führung notwendig bis nützlich, um Innovationen zu generieren. Wie werden Ideen denn gefunden, bewertet und strukturiert und bis zur Markteinführung weiterverfolgt? In welchem Rahmen darf geforscht und erkundet werden? Geht es nur um Produkte, oder dürfen auch Strategie und Geschäftsmodell neu gedacht werden? Wie bringen wir andere Kollegen, die normal weitergearbeitet haben, dazu, unsere Idee in ihren Arbeitsalltag zu integrieren? In welchem Zeitraum wird was erwartet? Das sind nur einige Fragen, die geklärt sein wollen, damit Innovation gelingt.

Mythos 5: Unser Innovationsmanager sorgt dafür, dass wir innovativ sind.

Wer mal ein bisschen „Innovationsluft“ geschnuppert hat, kann schon auf den naheliegenden Gedanken kommen, das zu institutionalisieren. Die Benennung eines Innovationsmanagers oder die Gründung einer Innovations-Abteilung sorgen allerdings eher dafür, dass das Thema Innovation in eine Ecke des Unternehmens geschoben wird und dort erstarrt. Dies hat zwei Ursachen:

1.) Innovation entsteht unter anderem durch die Vernetzung möglichst unterschiedlicher Perspektiven. Um das Potenzial aller Mitarbeiter auszuschöpfen, müssen alle zumindest die Möglichkeit haben, sich am Innovationsprozess zu beteiligen. Die Motivation dazu und das Vertrauen darauf, dass das erlaubt, ja sogar gewollt ist, wird durch Titel und Identitätszuweisungen ausgewählter Mitarbeiter bei allen anderen geschwächt.

2.) Zur Innovation gehört neben dem Erkunden, Kreieren und Evaluieren auch das Umsetzen, Vermarkten und Integrieren. Dafür benötigt es eine funktionierende Schnittstelle zwischen Innovations-Keimzelle und dem ganzen System. Unternehmen sind eigentlich reine Umsetzungs-Maschinen. Jede neue Innovation zwingt ein Unternehmen, aus dem gewohnten Umsetzungs-Modus auszubrechen und einen neuen Modus zu lernen. Wie muss die interne Anbindung des Innovations-Nukleus an das restliche Unternehmen beschaffen sein, damit die Ergebnisse nicht in der Schublade verschwinden?

„Eine neue Idee ist zerbrechlich.
Sie kann durch höhnisches Lächeln oder Gähnen getötet werden.
Sie kann durch einen Witz erdolcht oder durch Stirnrunzeln bei der falschen Person
vor lauter Sorgen in den Tod getrieben werden.“

Charles Brower, Ex-CEO von BBDO

Was Charles Brower da benennt, sind nichts anderes als kulturelle Muster. Innovation kann wunderbar entstehen in einer kleiner Zelle, aber für die Umsetzung der Ergebnisse aus dieser Keimzelle ist eine positive, dem Neuen aufgeschlossene Kultur unabdingbar. Denn auch für Innovationen gilt:

Culture eats change for breakfast!

Wir nutzen InnovationsLabs sehr gerne als Katalysator, um immer wieder andere Mitarbeiter an Innovationsprozessen teilhaben zu lassen. Auf diese Weise wächst mit der Zeit das Verständnis für das innovative Parallel-System. Die Arbeit mit den Führungskräften ist der andere notwendige Pfeiler zur Entwicklung einer unterstützenden Innovationskultur.

Falls mir in nächster Zeit noch weitere Innovationsmythen begegnen, die es zu entlarven gilt, melde ich mich. Vorerst empfehle ich Euch HIER noch einen extrem unterhaltsamen Artikel darüber, wie Ihr persönlich Innovation prima verhindert.

Wenn Ihr beim Lesen dieses Artikels an der einen oder anderen Stelle rot werdet oder verlegen lachen müsst – willkommen im Club!

Mit herzlichen Grüßen aus dem emotional intelligenten Hauptquartier,

Eure Sabine Grüner

PS: Wenn Euch dieser Blog gefallen hat und Ihr der Meinung seid, andere sollten das auch gelesen haben, dann freue ich mich, wenn Ihr ihn mit diesen Menschen teilt! Danke Euch!