Hallo liebes EQ-Netzwerk!
Im vorletzten Blogbeitrag für dieses Jahr berichte ich heute ein wenig vom diesjährigen AFNB-Wissenschaftsforum.
Meine Kollegin Irena Fiedler und ich waren am letzten Samstag einen Tag lang in Düsseldorf, um uns auf der größten und hochkarätigsten Veranstaltung dieser Art von den führenden Neurowissenschaftlern unserer Zeit für 2016 inspirieren zu lassen.
Die fünf Vorträge waren allesamt großartig und vor allem den Trainern, HR-Experten, Personalern und Weiterbildnern unter Euch sei die AFNB, die Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement, wärmstens ans Herz gelegt. Werft bei Interesse gerne einmal einen Blick auf www.afnb.de
Hier exklusiv für Euch die zentralen Aussagen aller fünf Vorträge in der Zusammenfassung:
Vortrag 1 von Prof. Dr. Ulrich T. Egle darüber, „Wie unser Gehirn den Schmerz macht“
Körperliches Schmerzempfinden ist hochindividuell, Angst erzeugt „körperlichen Schmerz im Gehirn“ ohne organische Ursachen, chronischer Stress erhöht die Schmerzempfindlichkeit und Schmerzintensität deutlich und es gibt einen Teufelskreis zwischen Stress und Schmerzempfinden, die sich beide gegenseitig verstärken.
Vortrag 2 von Prof. Dr. Christian Büchel über „Wie Wahrnehmung und Erwartung unser Handeln bestimmen“
Erkenntnis 1: Rot gefärbter Weisswein wird selbst von Weinexperten für Rotwein gehalten.
Erkenntnis 2: Man kann sich „weg vom“ körperlichen Schmerz konzentrieren, allerdings nur, wenn die Aufgabe, auf die man sich konzentriert, nicht trivial, sondern im Gegenteil kognitiv besonders herausfordernd ist.
Vortrag 3 von Prof. Dr. Gerd Gigerenzer über „Intuition und Führung“
50% aller Entscheidungen insbesondere im Spitzenbusiness werden intuitiv, also aus dem Bauch heraus, getroffen.
Und es gibt grundsätzlich zwei Arten, damit umzugehen:
Zum einen die nachträgliche Rationalisierung und Rechtfertigung durch Beratungsunternehmen und zum anderen (wesentlich teurer) das sogenannte defensive Entscheiden, bei dem drittklassige oder sogar für das Unternehmen schädliche aber für den Manager sichere Entscheidungen getroffen werden.
Erschreckend: In den USA liegt der Anteil der eben beschriebenen defensiven Entscheidungen im Bereich der Individualmedizin bei 97 Prozent!
Und noch zwei ganz praktische Tipps von Professor Gigerenzer: Triff möglichst selten eine Entscheidung gegen ein negatives Bauchgefühl und kaufe niemals ein Finanzprodukt, das Du nicht verstehst!
Vortrag 4 von Prof. Dr. Dr. Gerhart Roth darüber, „Wie das Gehirn die Seele macht“
Wir stellen uns heute nicht mehr die Frage, ob die Gene oder die Umwelt uns determinieren.
Die Epigenetik zeigt uns, dass wir größtenteils genetisch determiniert sind, dass aber fast alle unsere Gene zu einem gewissen Zeitpunkt (und viele davon vorgeburtlich!) durch Umwelteinflüsse ein- oder ausgeschaltet werden.
Drei Beispiele:
- Temperament ist angeboren in dem Sinn, dass das Gehirn der Mutter beim ungeborenen Säugling die entsprechenden Gene aktiviert.
- Unser Stress-Verarbeitungs-System ist fast ausschliesslich vorgeburtlich angelegt und programmiert.
- Unsere gesamte Bindungsfähigkeit wird über intensive körperliche und emotionale Zuwendung in den ersten drei Lebensjahren beinahe vollkommen bestimmt.
Der Vortrag 5 von Prof. Dr. Eric Kandel über „The age of insight“ (Das Zeitalter der Erkenntnis) war das absolute Highlight des Tages!
Der Jahrhundertwissenschaftler und Medizin-Nobelpreisträger begann seinen Vortrag auf Deutsch mit Wiener Einschlag und die etwa 1.400 Zuhörer waren alle innerhalb weniger Sekunden völlig hypnotisiert. Es ist schwer in Worte zu fassen, mit welchem Esprit und vor allem mit welch unglaublicher Energie der 86jährige Kandel als lebende Legende der Neurowissenschaften einen High-Speed-Überblick über die Wiener Medizin- und Kunstgeschichte, die erotische Kunst von Gustav Klimt, den Expressionismus Oskar Kokoschkas, den Einfluss Alma Mahlers und Siegmund Freuds und die damit verbundene Entwicklung der Gehirnforschung gab.
Wenn sein Buch „Das Zeitalter der Erkenntnis“ nur halb so hinreissend ist wie dieser Vortrag, dann ist mein österlicher Thailand-Urlaub 2016 lesetechnisch gerettet!
Insgesamt gesehen ein phantastischer Tag voller starker Momente und Inspirationen.
Geht mal davon aus und freut Euch darauf, dass sich im kommenden Jahr vieles von dem, was wir in Düsseldorf gehört und erlebt haben, in unseren wöchentlichen Blog-Beiträgen, in meinen Vorträgen und selbstverständlich in unseren Seminaren wiederfindet.
Herzliche Grüße aus dem emotional intelligenten Hauptquartier in München,
Euer Markus Hornung