Hallo liebes EQ-Netzwerk!
Seit vielen Jahren, ja eigentlich schon seit wir bei EQ Dynamics 1998 das Modell über den Zusammenhang zwischen Werten und Emotionen entwickelt haben, drängt sich mir eine Frage beziehungsweise eine Beobachtung immer und immer wieder auf.
Es geht dabei um die Verträglichkeit – oder sollte ich sagen Kompatibilität? – zweier ganz spezieller Werte.
Als Grundidee hier zuerst eine Betrachtung, die auf die biblische Schöpfungsgeschichte zurückgeht (nicht dass ich daran glauben würde – aber die philosophische Botschaft ist ziemlich unüberhörbar).
Denn nach allem was da geschrieben steht, waren Adam und Eva im Paradies vollkommen sicher und (!) vollkommen frei. Letzteres mit einer winzig kleinen geradezu legendären Ausnahme, bei der es um eine bestimmte Obstsorte ging und die sich im Falle Evas bedauerlicherweise als fatal herausstellen sollte. Für Adam galt (damals wie oftmals heute) leider: Mitgegangen mitgefangen mitgehangen!
Mir persönlich gefällt an der ganzen Sache insbesondere der Gedanke, dass das Paradies deswegen Paradies hieß, weil dort die beiden Werte, um die es mir hier geht, nämlich Sicherheit und Freiheit, gleichzeitig vollkommen erfüllt waren.
Letzterer zugegebenermaßen mit besagter winzig kleinen Ausnahme – die heutzutage lächerlich erscheint und doch so bezeichnend ist als biblischer Auslöser für die beiden zutiefst menschlichen Eigenschaften Freiheits-Streben und Neugierde.
Was die Sache für mich Heutigen allerdings noch nachdenkenswerter macht, ist der Umstand, dass mir in meinem Beruf kaum ein Wunsch häufiger begegnet, als eben der, diese beiden (paradiesischen?) Werte (wieder?) gleichzeitig leben zu können.
Verständlich und nachvollziehbar ist er, dieser Wunsch.
Aber erfüllbar?
Ist es nicht viel eher so, dass die beiden Werte Freiheit und Sicherheit – das liegt in ihrer Natur – niemals gleichzeitig vollkommen erfüllt sein können?
Ist es nicht so, dass die Erfüllung des einen immer auf Kosten des anderen geht und umgekehrt?
Kann mir jemand ein einziges Beispiel nennen, bei dem vollkommene Freiheit UND vollkommene Sicherheit GLEICHZEITIG vorhanden sind OHNE dass der eine auf Kosten des anderen geht?
Kein anderes Wertepaar steht in direkterem Konkurrenzkampf – im Großen wie im Kleinen.
Ob ich über meine eigenen Entscheidungen nachdenke, mit Coachees an ihren Lebensentwürfen arbeite, mit Teilnehmern in Rollenspielen neue Verhaltensweisen trainiere oder auch wenn wir in den Unternehmen, die wir begleiten, Kulturentwicklungen machen: Fast immer kommen die Menschen in diesen Prozessen irgendwann mit dem Dilemma in Berührung, sich zwischen unterschiedlichen und zwar gegenläufigen Maßen von Freiheit und Sicherheit entscheiden zu müssen.
Wenn wir uns mit offenen Augen umschauen, dann stellen wir aber doch eine einfache Wahrheit fest, die uns zum Beispiel von Politikern, Kirchen, Eltern und anderen machtvollen Institutionen mehr oder weniger bewusst und auch mehr oder weniger erfolgreich verschwiegen wurde:
Freiheit und Sicherheit sind nahezu inkompatibel!
Um es etwas anders zu formulieren: Einhundertprozentige Sicherheit kann es niemals geben, jedenfalls nicht, so lange ich mir einen winzigen Rest Freiheit erhalten möchte. Und einhundertprozentige Freiheit kann es niemals geben, jedenfalls nicht, so lange ich mir einen winzigen Rest Sicherheit erhalten möchte.
Wenn wir in unseren Seminaren über Werte und deren Zusammenhang mit unseren Emotionen sprechen, frage ich mich manchmal, ob wir uns immer darüber im Klaren sind, dass wir jeden Tag Entscheidungen treffen, die auf der Werte-Ebene und damit emotional stattfinden … und ob wir uns darüber im Klaren sind, dass nicht wenige dieser Entscheidungen zwischen den Werten Freiheit und Sicherheit stattfinden!
Mein abschließender Tip:
Beobachtet Euch mal eine Zeit lang sehr bewusst bei Euren Entscheidungen und versucht herauszufinden, wofür Euer Herz mehr schlägt … für die Freiheit oder für die Sicherheit.
Viel Spaß bei der Erforschung dieses Wertepaares wünscht mit herzlichen Grüßen aus dem emotional intelligenten Hauptquartier
Euer Markus Hornung
PS:
Eine kleine Ironie zum Schluss:
Bis zum Zeitpunkt der Eva’schen Verfehlung waren unsere beiden paradiesischen Vorgänger vollkommen sicher und (fast!) vollkommen frei.
Danach waren sie vollkommen frei! Aber eben nicht mehr sicher … mich würde wirklich interessieren, was die arme Eva getan hätte, hätte man ihr das vorher gesagt!