Hallo und Servus aus München!

Hast Du Kollegen, die sich oft der Sorgen und Nöte anderer Teammitglieder annehmen? Gibt es in Deinem Team Menschen, die dazu neigen, immer etwas mehr und noch bessere Leistungen zu erbringen? Und denken diese Personen selbst dann trotzdem, nicht genug geleistet zu haben oder noch besser sein zu müssen?

Dann hast Du es höchstwahrscheinlich mit sogenannten Overachievern, auf deutsch „Überleistern“ zu tun. Als Kollege und auch als Führungskraft freust Du Dich vermutlich, diese Menschen in Deinem Team zu haben, da sie meistens zu den Leistungsträgern, auf jeden Fall aber zu den „fleißigen Bienen“ gehören. Doch die Mischung aus zu hohen eigenen Ansprüchen und unserer heutigen Arbeitskultur mit ihrem andauernden Strom an neuen Anforderungen kann bei Menschen mit der Neigung zur Überperformance über kurz oder lang zu Burnout führen.

Overachiever selbst spüren die Überlastung im Sog ihrer Arbeit oft gar nicht und widmen sich mit Leidenschaft jeder neuen Aufgabe, jedem neuen Projekt, ohne zu bemerken, dass sie ihre Grenzen dabei permanent überschreiten. Ihnen fehlt die Bremse, die wir alle benötigen, um uns selbst stoppen zu können.

Auch von Kollegen und Führenden wird die Überbelastung oft erst viel zu spät bemerkt, da der Overachiever gerne bis zum Umkippen „funktioniert“. Daher empfehle ich Dir, potenzielle Überperformance in Deinem Team stets im Blick zu haben – zum Wohl für Euch alle! Niemandem hilft es, wenn Euch ein Leistungsträger für längere Zeit ausfällt.

Wie erkennst Du Overachiever?

Die folgenden Muster sind mit wachem Geist gut wahrnehmbar, auch wenn sie innere Überzeugungen und Gefühle der Overachiever beschreiben, denn bei uns allen äußert sich über unsere Sprache auch unsere Haltung:

Matias Dalsgraad, ehemaliger McKinsey-Berater und Gründer von GoMore, hat sogar den Begriff „insecure overachiever“ geprägt, welchen er in seinem Buch „Don’t Despair“ unter die Lupe nimmt. Laut Dalsgraad ist es die extreme Angst vor dem Scheitern, die zur harten Arbeit antreibt. Diese Angst, das daraus resultierende Engagement sowie das Können der Überflieger würden den unsicheren Leistungsmenschen ausmachen.

In jedem Fall ist das Selbstwertgefühl der Overachiever außergewöhnlich eng mit den eigenen Leistungen und Ergebnissen verknüpft: „Wenn ich keinen Erfolg habe und die Dinge nicht in zügigem Tempo erledige, werde ich nicht gemocht, akzeptiert, geschätzt, bin ich nicht erfolgreich.“

Die Wurzeln dieser starken, inneren Antreiber liegen in der Lebensgeschichte. Viele Overachiever sind es seit Kindheit gewohnt, an den eigenen Erfolgen gemessen zu werden. „Ich war okay, als ich gute Noten nach Hause brachte“, „Ich war nicht okay, als ich im Sportwettkampf keine Medaille geholt habe“. Frühkindliches Tuns-Geliebt-Sein hat seine Spuren hinterlassen und die Overachiever haben ihre Erfolgsrezepte aus Familie und Schule ins Erwachsenendasein und Arbeitsleben mitgenommen.

Wie kannst Du Overachievment vorbeugen?

Aus derart starken, über einen langen Zeitraum gepflegten, schädlichen Denkmodellen auszubrechen, kann professionelle Unterstützung erfordern. Und – Overachievment ist eine Neigung, keine Krankheit. Man kann also gegensteuern: es ist möglich zu lernen, das eigene Verhalten zu ändern. Und es ist möglich, als Führungskraft oder Kollege ein Umfeld zu schaffen, welches Overachievment bzw. den negativen Folgen daraus vorbeugt.

Verhalten mit Fürsorge spiegeln

Ein Review-Gespräch, in dem Du als Führungskraft Deine Wahrnehmung in einer Mischung aus Anerkennung und ernster Fürsorge transportierst, bewirkt bei vielen Overachievern, dass sie aufwachen und ihr Tempo sowie ihre Arbeitslast erkennen. Das hat außerdem einen positiven Nebeneffekt: Leistungsmenschen bekommen mit, dass jemand ihre Leistung wirklich sieht und auch wertschätzt, sich aber gleichzeitig um sie kümmert.

Ein solchermaßen eingeleitetes Gespräch ermöglicht, den Leistungsmenschen auch mal aufzuhalten, bevor alles zu viel wird. Freie Zeit – „normale“ Arbeitnehmer würden alles dafür tun, um mehr von ihr zu haben. Nicht die Overachiever. Deshalb ist es notwendig, diesen Menschen freie Zeiten zu „verschreiben“ und auf ausreichend Pausen zu achten. Dabei kannst Du als Führungskraft unterstützen!

Daneben sollte ein Overachiever die Change bekommen, an herausfordernden Projekten zu arbeiten. Wenn es aber zu viele sind? Dann kannst Du dem Overachiever mit Hilfe der Affenampel eine Entscheidungsgrundlage zur Delegation, zum Neinsagen oder zum Loslassen liefern. Diese Sortierung wird ihm erleichtern, das eine oder andere Thema an Kollegen im Team abzugeben oder gar ganz sein zu lassen, weil es niemandes Anforderungen dient.

Zu guter Letzt kann dieses fürsorgliche Gespräch auch die Tür öffnen für ein individuelles Resilienz-Coaching, in welchem der Overachiever mit Hilfe einer externen Vertrauensperson nicht nur seine Arbeitsroutinen unter die Lupe nehmen kann, sondern auch mit seinen inneren Antreibern in den Dialog kommen kann.

Arbeitskultur im Team bewusst pflegen

Im Team können kulturelle Rituale dabei helfen, einen zuversichtlichen und wertschätzenden Umgang zu pflegen und damit die Stimme des inneren Kritikers auszubalancieren, welche bei Overachievern besonders laut ist.

Macht Euch im Team bewusst, wie Glaubenssätze und Überzeugungen wirken und identifiziert gemeinsam, welche inneren Stimmen bei Euch gerade dominieren und inwiefern sie eine nützliche Kultur am Arbeitsplatz fördern.

Folgende Fragen können helfen, um neue, förderliche Gedanken zu etablieren:

Aus diesen Fragestellungen lassen sich immer nützliche Routinen ableiten, welche eine zuversichtliche und wertschätzende Haltung pflegen und zunehmend die Angst, den inneren Antreiber hinter Overachievement, nehmen können.

Delegation im Team und persönliche Entwicklung anstoßen

Viele Overachiever sind Gefangene ihrer eigenen Stärke: Um Hilfe zu bitten erfordert große Überwindung, die Arbeit mit anderen zu teilen, fällt schwer. Viele erledigen Aufgaben lieber schnell selbst, als sie jemand anderem zu überlassen. Das gibt das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben und unersetzlich zu sein. Dadurch werden sie immer tiefer in den Belastungsstrudel hineingezogen und im schlimmsten Fall ins Burnout getrieben.

Führungskräfte und Teams können Overachiever beim Delegieren tatkräftig unterstützen, indem sie eine Kultur des gemeinsamen Arbeitens, persönlichen Entwickelns und der Reflexion etablieren.

Folgende Fragen können helfen, um nützliche Veränderungen in der Zusammenarbeit anzustoßen:

Diese Themen im Team auf den Tisch zu bringen, mag der einen oder anderen Führungskraft Respekt einflößen. Ohne eine wertschätzende Kultur des Zusammenarbeitens etabliert zu haben, wären manche Teams von obigen Fragestellungen tatsächlich überfordert. Hilf also Deinen Mitarbeitenden zunächst, die Vielfalt und den Reichtum innerhalb des Teams zu schätzen.

Wir verwenden dazu sehr gerne unsere neuseeländische Typologie TetraMap®. Overachiever können mit Hilfe dieses Instruments besser auf die Stärken der anderen Teammitglieder vertrauen und sich gleichzeitig ihrer Stärke sicher sein. Auf dieser vertrauensvollen Basis werden auch bisher als heikel empfundene Themen gut besprechbar.

Falls Du Dir ein Sparring für Dich als Führungskraft wünschst, weil Du Overachievment in Deinem Team vermutest und gerne etwas unternehmen möchtest, oder wenn Du bereits das Gespräch dazu mit einem Mitarbeitenden oder einer Kollegin gesucht hast und denkst, ihm oder ihr könnte ein persönliches Coaching gut tun, dann melde Dich gerne bei mir unter .

Mit herzlichen Grüßen aus dem emotional intelligenten Hauptquartier in München,
Deine Sabine

PS: Zum Formulieren und zur Struktur dieses Posts hat mich Freia Luminka von www.auntie.io inspiriert. Viele ihrer Gedanken zu Overachievern teile ich und habe diesen weitere hinzugefügt.

 

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