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Noch viel zu selten stellen Führende sich aus meiner Sicht diese unbequeme Frage: Wenn meine Mitarbeitenden künftig mehr Antworten, Ideen und sogar Strategien aus der KI ziehen – was bleibt dann eigentlich noch für mich als Führungskraft?
Beunruhigend, oder? Gut so!
Beginnende Sorge ist eine gute Motivation, sich dieser höchst relevanten Frage zu stellen. KI ist längst kein Zukunftsthema mehr. Sie ist da. Und sie verändert, ob wir wollen oder nicht, unsere tägliche Arbeit. Gerade als Führungskraft kommst Du nicht umhin, Dich mit ihr auseinanderzusetzen – idealerweise genauso neugierig wie kritisch.
KI als Werkzeug in Deinem Führungsalltag
Beginnen wir ganz pragmatisch bei Deiner persönlichen KI-Kompetenz: KI kann Dir in Deinem Alltag schon jetzt eine Menge Arbeit abnehmen. Nicht, indem sie Dich ersetzt, sondern indem sie Dich entlastet. Beispiele?
- Kommunikation vorbereiten: Entwürfe für Mails, Agenda-Vorschläge oder Präsentationen, die Du dann nur noch anpasst.
- Schneller Überblick: Zusammenfassungen von langen Reports, Meeting-Protokollen oder Fachartikeln.
- Kreativer Sparringspartner: Ideen für Klausur-Design, Change-Prozesse oder Strategien, die Dich inspirieren, aber als Moderator*in nicht ersetzen.
- Unterstützung in schwierigen Situationen: Gesprächsleitfäden für heikle Themen, die Dir Struktur geben – dabei glaubwürdig Klarheit, Empathie und Wertschätzung zu transportieren, bleibt natürlich Deine Aufgabe.
Das alles spart Zeit, verschafft Dir Freiraum und erweitert Deinen Horizont. Was davon machst Du schon? Was könntest Du noch ausprobieren?
Praxistipp: Wer mit KI arbeitet, sollte immer auch die Quellenlage im Blick behalten. Ein einfacher Tipp: Ergänze am Ende eines Prompts „Bitte liefere mir drei überprüfbare Quellen in Form klickbarer Links.“ Das reduziert zwar nicht jede Halluzination, macht Ergebnisse aber nachvollziehbar und überprüfbar und spart Suchzeit.
Vorbild sein – neugierig, kritisch, transparent
Es gibt genügend Vorbilder da draußen zum Umgang mit KI… vielleicht auch unter Deinen Mitarbeitenden. Manchen Umgang mit KI wirst Du bewundern, mancher wird Dich irritieren: heimlich und blind oder transparent und reflektiert? Für mich ist der Umgang mit KI eine kulturelle Frage und die Antwort darauf würde ich nicht dem Zufall oder dem Charisma anderer überlassen. Welche Haltung hast Du zu KI?
Wenn Du willst, dass Dein Team KI neugierig und kritisch nutzt – dann lebe vor, wie das funktioniert:
- Probiere aus und zeige, wie Du Prompts variierst, was funktioniert, was nicht.
- Sprich offen über Risiken der KI und schmunzelt gemeinsam über erlebte „Halluzinationen“.
- Lade Mitarbeitende ein, mit Dir zu lernen: Was sind gute Quellen? Wie erkennt man falsche oder ungenaue Aussagen?
- Schaffe bewusst Situationen, in denen KI nicht helfen kann: eine wunderbare Übung für alle Seiten ist beispielsweise das Spiel „Wahrheit oder Lüge“. Witzig, fordernd und Ihr lernt Euch nebenbei nochmal ganz anders kennen.
So wird KI im Team nicht zur heimlichen Allzweck-Waffe einzelner, sondern zu einem gemeinsamen Lernfeld unter anderen. Das schafft Vertrauen. Und Verhältnismäßigkeit.
Die Kränkung: Wenn Dein Team KI statt Dich fragt
Vielleicht beschäftigt Dich insgeheim auch noch diese fast existenzielle Frage: Was, wenn meine Mitarbeitenden sich zunehmend bei Chat GPT Rat holen – und nicht mehr bei mir?
Was, wenn Initiativen von ihnen kommen, vielleicht sogar gegen Deine eigenen Pläne?
Was, wenn die KI plötzlich zum „Lieblings-Sparringspartner“ Deiner Leute wird?
Das kann sich wie eine Kränkung anfühlen. Vielleicht warst Du es gewohnt, fachliche Autorität zu haben und hast Dich darüber definiert. So unangenehm es sein mag, nimm es als Einladung, Dein Führungsverständnis zu überprüfen!
Dein Wert als Führungskraft wird nicht mehr darin liegen, schneller oder fachlich klüger zu sein als die Maschine. Mehrwert kannst Du zukünftig neben der KI stiften, indem Du Deinen Führungs-Fokus auf folgende Themen legst:
- Rahmen setzen: Wofür setzen wir KI ein, wofür nicht? Wie ist unsere Haltung zu KI?
- Sinn vermitteln: Wozu machen wir das überhaupt? Was wollen wir erreichen?
- Prioritäten klären: Welche (KI-)Ideen verfolgen wir, welche nicht?
- Entwicklung fördern: Mitarbeitende dabei unterstützen, Verantwortung zu übernehmen, sich weiterzuentwickeln – auch mit KI.
- Konflikte schlichten: im Team und an Schnittstellen allparteilich, wertschätzend und strukturiert für Konsens sorgen.
Wenn Du das ernst nimmst, dann ist die KI keine Bedrohung, sondern ein Hebel, der Deine Führungsrolle neu definiert.
Umgang mit Widerstand im Team
Natürlich wird nicht jede*r begeistert aufspringen, wenn es um KI geht. Gerade in Remote-Teams, in denen manche ohnehin nicht voll ausgelastet wirken, kann schnell das Argument kommen: „Die KI kann mir nichts abnehmen.“
Wie damit umgehen, ohne jemanden bloßzustellen?
Eine Möglichkeit: eine Challenge ins Team geben.
Zum Beispiel:
„Studien zeigen, dass durch den Einsatz von KI im Büroalltag bis zu 4h Zeitersparnis pro Woche möglich sind. Was würdest Du heute tun, welches Thema würdest Du (anders) anpacken, worum würdest Du Dich kümmern, wenn Du einen halben Tag mehr Zeit hättest?
Lasst uns ausprobieren, wie viel wir gemeinsam schaffen können. Findet heraus, wo wir KI sinnvoll einsetzen können – und überlegt gleichzeitig, wie wir die gewonnene Zeit nutzen, um unsere Ziele noch besser zu erreichen.“
Das ist keine Drohung, sondern eine Einladung zum Experiment. Niemand muss sein Gesicht verlieren – wir probieren es einfach aus. Und wir koppeln den Effizienzgewinn gleich an eine sinnvolle Frage: Wofür nutzen wir die zusätzliche Zeit?
Führung mit KI
Am Ende läuft es auf Folgendes hinaus: KI nimmt uns nicht die Führungsrolle. Aber sie verändert sie radikal.
Wir werden als Führende*r nicht überflüssig werden – wenn wir bereit sind, neben der KI auch unser Selbstverständnis kritisch zu prüfen. Unser Mehrwert liegt zunehmend nicht darin, allein die fachlich beste Lösung zu haben, sondern darin:
- Raum für Synergie zu schaffen und Prioritäten zu klären
- Sinn & Werte zu verkörpern
- Menschen zu entwickeln und Potentiale zu entfalten
- Konflikte zu schlichten
Wenn wir das akzeptieren und annehmen, gewinnt unsere Rolle an Tiefe – und wir schaffen Raum für das, was Führung wirklich ausmacht: Menschlichkeit, Vision, Verbindung.
Zu welchen Gedanken oder Aktionen stößt Dich dieser Impuls an? Ich bin gespannt!
Herzliche Grüße aus dem emotional intelligenten Hauptquartier,
Deine Sabine